Laute werden Worte: Die Dimension der Sprache entsteht
The vocal gesture becomes a significant symbol (unimportant, as such, on the merely affective side of experience) when it has the same effect on the individual making it that it has on the individual to whom it is addressed.

George Herbert Mead

The achievements of early hominids revolved around a new kind of cognitive capacitiy, mimetic skill, which was an extension of conscious control into the domain of action.

We connect with and learn from others to a unique degree. Symbolic thought is a by-product of this fact, and so is language. Both result form the collision of conscious minds in culture

Merlin Donald

Thus language, at least as far as its component words are concerned, is indeed a system of representation in the true sense of that term. It is not a system that passively mirrors what it represents but rather one that creates a new and parallel world constrained by the laws of its own nature just as much as by the nature of the phenomena that it represents. Within that world, meaning is largely determined by evolutionary (or cultural) significance, by type consistency, and by contiguity effects.
Correspondence with any kind of counterpart in the real world is not obligatory because language does not exist in order to give a rationalistic, textbook account of the real world.

Derek Bickerton

The people who lived in Africa between 130.000 and 50.000 years ago may have been modern or near-modern in form, but they were behaviorally similar to the Neanderthals.
Anatomically modern Africans became behaviorally modern about 50.000 years ago.

Richard G. Klein and Blake Edgar

Im Anfang war das Wort....?
Wie auch immer Johannes das gemeint hat, er war auf der richtigen Spur. Durch Sprache entstand ein virtuelles Universum, in dessen Losgelöstheit vom physisch-realen Kosmos auch Fabelwesen wie Gott intersubjektiv geschaffen werden konnten.

Kommunikation
"...als Kommunikation bezeichnen wir jene Koordination des Verhaltens, die aus der sozialen Koppelung resultiert." (Maturana/Varela)
"...1. Verständigung untereinander, Umgang, Verkehr. 2. Verbindung, Zusammenhang." (DUDEN Fremdwörter)
Was steht dabei im Vordergrund? Koordination von Verhalten oder Vermittlung von Gedankeninhalten?

Kommunikation beginnt dort, wo zwei Lebewesen ihr Verhalten gegenseitig beeinflussen und aufeinander abstimmen. Menschliche Kommunikation war somit in der langen Evolution unserer Spezies überwiegend sprachlos.

Erst in den letzten hunderttausend Jahren kam Sprache als Kommunikationsmedium hinzu. Davor hatten schon Jahrmillionen Methoden der nichtsprachlichen Kommunikation unser Leben und Zusammensein sehr effizient gesteuert.

Unsere Seele, das Medium der körperlichen Dimension, kommuniziert über Körperzustände. Unser Geist, das Medium der sprachlichen Dimension, kommuniziert über Sprache.

Intersubjektive Verständigung und Übereinkunft

Spätestens bei der Notwendigkeit, eine arbeitsteilige Organisation der Nahrungsbeschaffung einführen zu müssen, musste vereinbar gemacht werden, wer welchen Part an Sammeln oder Jagd übernimmt und welche Verhaltensregeln für die einzelnen, ab dem Zeitpunkt nicht mehr ständig zusammenbleiben könnenden Untergruppen der Horde gelten. Zur kollektiven kommunikativen Meisterleistung wurde dann, die Männer über monogamere Beziehungsstrukturen aus ihrem traditionellen Alles-oder-Nichts-Konkurrenzkampf heraus für einen kooperativen, gemeinsamen Einsatz für das Überleben der Gruppe zu gewinnen.

Eine Grundvoraussetzung für das Gelingen einer derart komplexen Verhaltenskoordination und Verhaltenssteuerung war die Möglichkeit, sich vor allem auch bei Abwesenheit von Hordenmitgliedern über sie und ihre Belange verständigen zu können. Mit die ersten lautlichen Repräsentationen und damit sprachlichen, untereinander eindeutig zuweisbaren Verweise dürften deshalb auf die Mitglieder der Gruppen selbst bezogen gewesen sein. Sie bekamen einen auf sie verweisenden Laut zugeordnet, einen Namen, mit dem man auch während ihrer Abwesenheit auf sie Bezug nehmen und sich über sie verständigen konnte. Auch heute noch ist der Name eines Menschen der relativ eindeutige symbolische, auf ihn bezogene Verweis, ohne den eine sinnvolle Kommunikation über ihn nicht stattfinden kann. Einmal entdeckt, dürfte sich der Vorteil der lautlichen, symbolischen Repräsentation dann schnell auf weitere Umweltobjekte ausgedehnt und sich das Repertoire an untereinander abgestimmten akustischen Bedeutungszuweisungen rapide erhöht haben.

Eine weitere Grundbedingung einer gelingenden Verständigung über die mit Lauten symbolisch repräsentierten Objekte war die Möglichkeit, ihr unmittelbar mit ihnen verbundenes beobachtbares Handeln kommunikativ zugänglich zu machen. Denn nur so konnte ausgehandelt und dann vermittelt werden, welches Verhalten erwünscht war und intersubjektiv erwartet wurde.

 

Sekundäre Repräsentation durch Symbolik
Symbolisches Denken und Kommunikation über durch intersubjektive Abstimmungsprozesse mit Bedeutung versehene Symbole sind die Basis sprachlicher Verhaltenskoordination, mithin der Ausgangspunkt menschlicher Sprache. Erste Pantomimen, erste bildliche Darstellungen, erste Laute, die eine intersubjektiv abgestimmte und nachfolgend tradierte Bedeutungszuweisung erhielten und damit zur symbolischen Repräsentation realer Phänomene wurden, fingen an, das virtuelle Universum des Menschen zu bevölkern.

Mit der symbolischen Veranschaulichung und Repräsentation von speziesspezifisch relativ übereinstimmend wahrgenommenen Phänomenen des realen Universums und einer intersubjektiv stabilisierten Inbezugsetzung zwischen Symbol und Phänomen fing die virtuelle Dimension an zu keimen. Und nur der Mensch, in dem sich durch die kognitiven und kommunikativen Anforderungen seines neuen Habitats entsprechend geeignete neuronale Kapazitäten entwickelten, konnte diese Dimension entwerfen.

Diese kognitive Initialzündung der symbolischen Darstellung und Kommunikation über intersubjektiv stabilisierte symbolische Repräsentationen der speziesspezifisch relativ übereinstimmend wahrgenommenen Phänomene des realen Universums brachte eine Entwicklung in Gang, die schon bald nach ihrer Initiierung eine Eigendynamik entwickelte, die der menschlichen Spezies einerseits mehr und mehr Vorteile im Überlebenskampf einbrachte, aber andererseits aufgrund ihrer Effizienz zunächst alle biologisch-physischen Regulationsmechanismen außer Kraft zu setzen begann. Die menschliche Spezies wurde so erfolgreich, dass sie sich schließlich nur noch selbst zur Gefahr werden konnte.

Wie kam es dazu, dass sich symbolische Repräsentationen des real-existierenden Universums in der menschlichen Spezies entwickelten?

Versuchen wir uns einmal in eine Kreatur hineinzuversetzen, die wegen des rapiden Wandels ihres ursprünglichen Lebensraumes lediglich dann eine Chance auf ein Überleben hat, wenn sie die ungewohnten Bedingungen der zahlreichen neuartigen Anforderungen ihres zukünftigen Habitats schnell in den kollektiven Erfahrungsfundus integrieren und sich gleichzeitig nur mit einer enormen Steigerung ihres kooperativen Verhaltensspektrums daran anpassen kann.
Die gewöhnlich Methode über Versuch und Irrtum sowie die anschließende Übertragung von erfolgreichem Verhalten durch Nachahmung war sicherlich nicht mehr schnell und effektiv genug. Vielmehr wurde es zur überlebensrelvanten Bedingung, dass die aus den Beobachtungen einzelner besonders fähiger Gehirne gewonnenen Erkenntnisse den anderen in der Gruppe möglichst unmittelbar und ohne das unter Umständen auch äußerst lebensgefährliche "Vormachen-Nachmachen" vermittelt werden konnten.
Mangels Sprache bleibt dafür zunächst nur die Pantomime, d.h. es wurde durch Gebärden, Gesten und Mimik sowie mithilfe erster bildlicher Darstellungen und charakteristischer Lautäußerungen versucht, dem anderen die eigenen Erkenntnisse durch selbst erzeugte phänomenale Repräsentation zugänglich zu machen. In dieser Notwendigkeit, die Wirkung des eigenen mimischen und akustischen Aktionspotentials in seiner Bedeutungszuweisung mit dem anderen reziprok soweit stabilisieren zu müssen, um einen intersubjektiven Austausch von subjektiven Erfahrungen zu ermöglichen, begann die symbolische Repräsentation des real-existierenden Universums in der menschlichen Spezies zu keimen.

Pantomime

Sprache
Was passiert, wenn Laute zu Worten werden? Was passiert im Prozess einer reziproken, symbolischen intersubjektiven "Bedeutungszuweisung"?
Welche sozialen Überlebensmethoden der Hominiden förderten, ja erzwangen flexible, symbolische, intersubjektiv vereinbarte Kommunikationsmedien, die dazu in der Lage waren, die intrinsische Komplexität ihrer sich entwickelnden kooperativen Verhaltenskoordination zu bewältigen und schließlich zur Sprache führten?

- Veränderung des Mobilitätsprofils der Horden
- Erschließung neuer, schwieriger zugänglicher Nahrungsquellen
- Erschaffung der kooperativen Organisation / Arbeitsteilung
- Entwicklung von gruppenoptimaler Nahrungsteilung und Reziprozität
- Reduzierung der Polygamie und Einführung der Monogamie
- Änderung der Nachwuchsbetreuung durch höhere Reproduktionsrate
- Weitergabe von Erfahrungen und Wissen an nachfolgende Generationen
- Erkennen der eigenen und der Bedeutung des Anderen füreinander
- Kollektive Bewältigung der Auswirkungen des Tötens und Getötetwerdens

Wann war der Zeitpunkt wohl gekommen, als die ersten Laute zu Repräsentationen wurden, die nicht mehr primär genetisch vermittelten und damit relativ unverhandelbar festgelegten Informationsgehalt enthielten - wie z.B. auf ganz bestimmte Feinde hinweisende Warnschreie -, sondern einen von den Individuen untereinander determinierten, symbolischen Verweis auf ein von ihnen übereinstimmend wahrgenommenes Umweltobjekt darstellten? Es muss spätestens in der Phase des Homo erectus und heidelbergensis gewesen sein, denn ohne eine gewisse Grundvoraussetzung an ausreichend differenzierbarer und gleichzeitig flexibler symbolischer Umweltrepräsentation hätten vor allem die sozialen Anpassungsleistungen nicht stattfinden können, die das Überleben der menschlichen Spezies ermöglichten.

Ein wesentlicher Unterschied zwischen tierischen, der Informationsübertragung und Verhaltenskoordination dienenden Rufen und "sprachlichen" Äußerungen besteht darin, dass tierischer Kommunikation keine intersubjektiv verhandelbare Bedeutungszuweisung zugrunde liegt. Vielmehr entstehen die betreffenden Laute und Schreie im Rahmen einer instinktiven kommunikativen Dynamik in einer Gruppe oder Horde und werden dann durch Nachahmung und Erlernen über zukünftige Generationen hinweg tradiert. Unter Tieren ist dieser Prozess in der Regel unmittelbar mit überlebensrelevanten Ereignissen und Erfahrungen verbunden, die bei ihrem stereotypen Auftreten schnelle und adäquate Reaktionen erfordern.
Im Gegensatz dazu basiert menschliche Sprache auf intersubjektiv verhandelbaren, nach und nach reziprok stabilisierten Bedeutungszuweisungen. Alle gegenseitig offensichtlich oder auch nur vermeintlich übereinstimmend wahrgenommenen Phänomene können damit über spezifisch differenzierte Laute mit akustisch-symbolischen Verweisen versehen werden, die in einer intersubjektiv abgestimmten Beziehung dazu stehen.

Absolut zentral für die weitere Argumentation ist nun, dass sich eine akustisch-symbolische Repräsentation bei ihrer Wortwerdung schon in ihrer reziproken Schöpfungsphase von dem physischen Element löst, auf das sie verweist. Der Laut, das Wort, ist und bleibt von Anfang an eine intersubjektiv abgestimmte Bedeutungszuweisung, damit immer nur ein mehr oder weniger stimmiges und äußerst plastisches sprachlich modelliertes Konstrukt des Phänomens, auf das verwiesen wird.

In der sprachlichen Dimension, die durch diese akustisch-symbolischen Repräsentationen geschaffen wurde, existieren somit nur sprachlich-virtuelle Verweise auf wahrgenommene Phänomene des real-existenten Universums. Alles in der Sprache oder durch Sprache Erscheinende ist somit nicht unmittelbar an die Realität gebunden, sondern durch intrasubjektive wie intersubjektive Assoziationen formbar.

Schrift

 

 

 

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