Elementare Annahmen
Thus language, at least as far as its component words are concerned, is indeed a system of representation in the true sense of that term. It is not a system that passively mirrors what it represents, but rather one that creates a new and parallel world constrained by the laws of its own nature just as much as by the nature of the phenomena that it represents. Within that world, meaning is largely determined by evolutionary (or cultural) significance, by type consistency, and by contiguity effects.

Derek Bickerton

Wir wissen jedoch, dass das Nervensystem als Teil des Organismus sturkturdeterminiert operiert. Die Struktur des Milieus kann seine Veränderung also nur auslösen, aber nicht bestimmen.
Es ist das Resultat eines phylogenetischen Driftens von Einheiten, die um ihre eigene Dynamik von Zuständen zentriert sind. Es ist daher angemessen, das Nervensystem als eine durch ihre internen Relationen definierte Einheit zu betrachten, in der die Interaktionen nur als Modulationen ihrer strukturellen Dynamik wirken - das heißt, als eine Einheit mit operationaler Geschlossenheit.

Humberto R. Maturana und Francisco J. Varela

Über Jahrmilliarden formierte neuronale Netze in den Gehirnen der Lebewesen sind autonom im Erzeugen ihrer Wirklichkeiten. Sie erzeugen diese Wirklichkeiten auf der Basis ihrer ganz eigenen Entwicklungsdynamik und Erfahrungsgeschichte.
In ein und demselben Gehirn eines Lebewesens konkurrieren somit autopoietische neuronale Netze um die Deutungshoheit der von den Sinneszellen registrierten Irritationen innerer und äusserer Umwelten sowie den Einfluss auf die motorischen Zellen, über die Reaktionen initiiert werden können.
Die Autonomie der neuronalen Netze bedingt, dass sie untereinander nur strukturell gekoppelt sind, d.h. jedes System kann das andere nur perturbieren, jedoch nicht determinieren.
AUTOPOIETISCHE NEURONALE INSTANZEN

Unser Stoffwechsel regelt sich von selbst, wir haben nur für Nahrung und Wärmeregulierung zu sorgen.
Wir bewegen uns überwiegend wie von selbst, stolpern oder stürzen nur selten.
Wir nehmen wahr wie von selbst, können nur unsere Aufmerksamkeit steuern.
Wir verhalten uns oft wie von selbst, wundern uns nicht selten, warum.
Wir fühlen uns, wie wir uns fühlen, wie von selbst, wundern uns nicht selten, warum.
Wir denken wie von selbst, wundern uns nicht selten, worüber und warum.

All das geschieht parallel, gleichzeitig, seltsam unabhängig von einander, nie oder nur selten in bewusstem Einklang, und dennoch verhalten wir uns in jeder Situation, in der wir uns jeweils aktuell befinden, in der Regel adäquat aufeinander bezogen, angemessen und anschlussfähig.

Wir können unseren Stoffwechsel nicht bewusst beeinflussen.
Wir bewegen uns nur dann flüssig und elegant, wenn wir nicht darüber nachdenken müssen.
Wir können, wenn überhaupt, nur marginal bewusst beeinflussen, wie wir etwas wahrnehmen.
Wir können nicht bewusst bestimmen, wie wir uns fühlen oder fühlen sollten.
Wir können nur bewusst beeinflussen, was wir denken, und auch das gelingt nicht immer.

Wie kann es sein, dass so wesentliche Überlebens-Kompetenzen ohne unser bewusstes Zutun funktionieren und unser Verhalten mehr oder weniger adäquat in fast jeder unserer Lebenssituation zumindest beeinflussen wenn nicht sogar komplett steuern?

Die Vermutung liegt nahe, dass Instanzen in unseren Körpern unser Überleben und damit Leben regeln, die weit mehr Autonomie aufweisen, als uns bisher bewusst war, und dass unser menschlicher Geist nur eine von vielen spezialisierten Kräften ist, die im Zusammenspiel mit den anderen unser Sein in konkreten physischen und sozialen Umwelten relativ autonom steuern. Wir sind als geistige Wesen in ganz wesentlichen Lebenssituationen auch nur ein Beobachter, nicht jedoch der innere Steuermann unseres ureigenen körperlichen Seins und Tuns.

Denkbar ist eine solche Konstellation eigentlich nur, wenn wir autopoietische neuronale Instanzen annehmen, die ihre jeweiligen Zuständigkeiten autonom übernehmen und ihr Zusammenwirken strukturell untereinander gekoppelt koordinieren.

100 Milliarden Neuronen werden im menschlichen Gehirn vermutet. Die Annahmen gehen aber auch bis zu einer Billion, d.h. 1000 Milliarden Neuronen.
Zusammen mit dem Rückenmark, das innerhalb der Wirbelsäule bis hinab zu den Lendenwirbeln verläuft, bilden sie die zentrale Komponente des menschlichen Nervensystems, in der der wesentliche Teil der Signalverarbeitung stattfindet. Über die periphere Komponente des Nervensystems, die Nervenbahnen, ist das zentrale Nervensystem mit den sensorischen und motorischen Arealen seines Körpers verbunden.

Seit Maturana und Varela das Autopoiese-Prinzip erdacht hatten liegt es nahe davon auszugehen, dass das zentrale zusammen mit dem peripheren Nervensystem ein operational in sich geschlossenes Signalverarbeitungs-System ist. Das bedeutet, dass jedes Lebewesen, in dem ein Gehirn und dazugehöriges peripheres Nervensystem existiert, nur mittelbar strukturell über die eigene Verarbeitungsdynamik mit dem Milieu in Kontakt ist, in dem es lebt.

Ich möchte den Vorschlag von Maturana/Varela, dass der "Organismus und sein Nervensystem geschlossene und somit strukturdeterminierte Systeme sind" einfach einen Schritt weiterdenken und die Möglichkeit in Betracht zeihen, dass das Nervensystem nicht nur ein geschlossenes System aus Neuronen und Nervenbahnen ist, sondern dass sich eingebettet im Zentralorgan des Nervensystem, dem Gehirn, mehrere in sich geschlossene, strukturdeterminierte Neuronennetze befinden, die ihre ganz eigenen Wirklichkeiten erzeugen und sich gegenseitig nur perturbieren jedoch nicht determinieren können?
Mit diesem Denkansatz wäre meiner Meinung nach "denkbar", dass unterschiedliche Instanzen in komplexeren Nervensystemen und dann vor allem den höher entwickelten Gehirnen existieren, in denen auch das was wir Geist und Seele des Menschen nennen schließlich "ihren Platz" finden würden.


Entscheidend ist nun einerseits die Systematik, mit der ein Gehirn die ungeheurlich anmutende Anzahl an eintreffenden und ausgesandten Signalen verarbeitet und eine in sich kohärente Steuerung des davon abhängigen Organismus gewährleistet. Andererseits ist von Bedeutung, ob und wenn ja wie das Gehirn zwischen körperäußeren Umwelten und körperinneren Umwelten unterscheiden kann. Zunächst einmal kommen ja alle Signale, die im Gehirn eintreffen, von körperinneren sensorischen Flächen, und alle Signale, die das Gehirn aussendet, enden in ebenfalls köperinneren motorischen Flächen. Das Gehirn hat somit keinen unmittelbaren, direkten Kontakt, weder zu seinen körperäußeren noch zu seinen körperinneren Umwelten.


Das Problem der Verarbeitung von Komplexität leistet das Gehirn auf dieselbe Weise, wie Komplexität im Allgemeinen beherrscht werden kann: durch funktionale Spezialisierung von Einheiten und anschließende Koordination des Zusammenwirkens der spezialisierten Teile. Es enstanden neuronale Netze, die für ganz spezifische Aufgaben zuständig sind und diese Aufgaben in struktureller Koppelung mit den anderen Netzen übernehmen. Jedes dieser sich neuronal stabilisierenden Netzwerke ist autopoietisch. Das heißt, jedes dieser Netze arbeitet operational geschlossen, kann von den anderen Netzwerken nur perturbiert, nicht jedoch determiniert werden.
Dadurch konnte in der Entwicklung neuer neuronaler Instanzen gewährleistet werden, dass die bisher vorhandenen weiterhin einwandfrei funktionierten, während nach und nach neue Instanzen für neue Aufgaben aufgebaut und in sich stabilisiert werden konnten.


Damit ist auch erklärbar, dass in ein und demselben Gehirn unterschiedliche Konstruktionen von Wirklichkeit stattfinden können. Jedes autopoietische neuronale Instanz konstituiert seine eigene Wirklichkeit aus den Signalkaskaden der mit ihm sturkturell gekoppelten anderen Instanzen. Dabei hat jede dieser Instanzen einen eigenen, durch strukturelle Koppelung hergestellten Zugang zur anderen, kann also Signale aus allen Ebenen des Nervensystems empfangen und an diese senden. Die Verarbeitung der von den anderen eintreffenden Signalen geschieht jedoch mit der der jeweiligen Instanz eigenen Systematik. Damit erklärt sich, dass z.B. der Geist aus dem mentalen System heraus keinen direkten Einfluss auf die anderen Instanzen hat und deshalb nur mittelbar seelische, kognitive, phänomenale, sensorisch-motorische und metabolische Körperzustände beeinflussen kann.

 

METABOLISCHE INSTANZ(EN)

 

SENSORISCH-MOTORISCHE INSTANZ(EN)

 

PHÄNOMENALE INSTANZ(EN)

 

KOGNITIVE INSTANZ(EN)

 

SEELISCHE INSTANZ

 

MENTALE INSTANZ

 

STRUKTURELLE KOPPELUNG

Zuständigkeit und strukturelle Koppelung seelischer und mentaler Instanzen

Abbildung 1
Alle Lebewesen verfügen über eine neuronale Instanz, in der die phylogenetischen Überlebens-Erfahrungen ihrer jeweiligen Spezies von Generation zu Generation geformt und tradiert werden. Durch die Erregung und Erzeugung körperlicher Zustände, die wir in der Sprache als Emotionen bezeichnen, steuern sie das gegenseitige Verhalten der Kreaturen untereinander und ihr Gebaren in ihren jeweiligen Umwelten. Ich werde es das "seelische System" nennen.
Nur der Mensch verfügt zusätzlich über eine neuronale Instanz, in der die symbolischen Bedeutungszuweisungen der intersubjektiv stabilisierten Repräsentationen der Sprache gebildet und verwaltet werden, über die das Individuum Anschluss an die sprachlich-virtuelle Dimension der menschlichen Spezies erhält. Ich werde es das "mentale System" nennen.
Abbildung 2
Das seelische System arbeitet auf der Grundlage phänomenaler Repräsentationen, das mentale System auf der Grundlage symbolischer Repräsentationen.

Wesentlich ist hier, dass die kognitiven Kompetenzen in der seelischen Instanz verwaltet und gesteuert werden. Die mentale Instanz liefert lediglich die symbolischen Bedeutungszuweisungen hinzu, mit denen dann die phänomenalen Wahrnehmungen in der Symbolik der Sprache codiert und damit intersubjektiver Kommunikation zugänglich gemacht werden.

Abbildung 3
Seelisches und mentales System erzeugen eine jeweils eigene Wirklichkeitskonstruktion, von der aus sie aufeinander und auf die Stimmungen und die Handlungen des Menschen einwirken.
Das seelische System gewährleistet dabei auf der Grundlage phänomenaler Repräsentationen die Anschlussfähigkeit des Menschen in der biologisch-physischen Dimension des Seins.
Das mentale System dagegen gewährleistet auf der Grundlage symbolischer Repräsentationen, dass sich der Mensch in den Sinnkonstruktionen der von seiner Spezies gebildeten sprachlich-virtuellen Dimension zurechtfindet und "sinnvoll" verhält, mithin darin anschlussfähig ist.
Abbildung 4
Seele und Geist sind zwar zwei wesentliche Gehirn-Instanzen zum Verständnis menschlicher und tierischer Verhaltenskoordination, jedoch exisieren noch weitere, wovon die Instanz PAD (Phänomenales Abstrahieren und Denken) eine der wichtigtsen ist. Im PAD finden noch ganz ohne Sprache phänomenale Kognitionsprozesse statt, über die Informationen aus Umweltereignissen abstrahiert und daraus Schlüsse für die nachfolgende Verhaltenskoordination gezogen werden. Darüber hinaus werden über das PAD diejenigen Lernprozesse gesteuert, bei denen die motorische Feinsteuerung involviert ist, wie z.B. beim Fahrradfahren lernen.

Die unterschiedlichen Gehirn-Instanzen sind autonom in der Konstruktion ihrer jeweiligen Wirklichkeiten und nehmen aufeinander und auf das Verhalten desjenigen Geschöpfs Einfluss, in dem sie wirken.

Alle Lebewesen verfügen über seelische und PAD Instanzen, deren Komplexität und Kompetenzen von der Art ihres Lebensraumes und ihrer sozialen Organisation abhängen.
Nur der Mensch verfügt über die geistliche Instanz, in der die Symbolik der intersubjektiv stabiliserten sprachlichen Bedeutungszuweisungen seiner Spezies verwaltet wird.
Bewusstes Sein, mithin Bewusstsein, existiert nur in der Symbolik der Sprache und dient der Koordination von Verhalten und damit der Anschlussfähigkeit in der sprachlich-virtuellen Dimension der menschlichen Spezies.

Wir dürfen das nicht mit der Verhaltenskoordination über "Aufmerksamkeit" verwechseln, mit der die Anschlussfähigkeit aller Lebewesen in der biologisch-physischen Dimension gewährleistet wird.
 
==>